Wenn es bei der Fellnase kribbelt – liegt vielleicht Eidechse in der Luft

DB-Artenspürhunde suchen schützenswerte Reptilien am zukünftigen Nordbahnsteig München-Pasing

Spaniel Monte, Spezialist für Schlingnatter, Zauneidechse, Gelbbauchunke und Fledermaus.

Warum brauchen Bauvorhaben eigentlich einen Vorlauf von mehreren Jahren? Ein Grund sind komplexe Genehmigungsverfahren, die unter anderem den Schutz von Natur, Mensch und Tieren während und nach den Bauarbeiten prüfen und gewährleisten. So prüft zum Beispiel das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), ob die Planung einer neuen Bahnstrecke oder wesentlicher Änderungen an vorhandenen Strecken die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Einen wesentlichen Meilenstein bildet dabei das Planfeststellungsverfahren mit Gutachten zum Lärm- und Umweltschutz.

Alexandra Hörand mit Spürhund Monte bei der Sucharbeit.

Während bisher Menschen alleine kilometerweise Grünstreifen an Bahndämmen durchkämmten, um nach geschützten Tieren und deren Lebensstätten Ausschau zu halten, bekommen sie bei dieser Aufgabe nun Unterstützung durch Hundenasen. Das Bemerkenswerte: Während zweibeinige Umweltingenieure bis zu einem Jahr mit dieser aufwendigen Suchaufgabe beschäftigt sind, um im Anschluss eine Abschätzung zur Populationsgröße machen zu können, treffen ihre vierbeinigen Kollegen eine Präsenz-Absenz-Aussage in wenigen Stunden.

Dank ihrer 220 Millionen Riechzellen können Storm und Monte unter strengem Artenschutz stehende Tiere wie Zauneidechsen, Gelbbauchunken oder Fledermäuse erschnüffeln. In München und auch in Pasing leben sehr viele Mauereidechsen, die jedoch als allochthon – also am Fundplatz nicht heimisch – und demnach quasi als „zuagroast“ gelten. Für sie gilt in Bayern demnach kein strenger Artenschutz. Deshalb sollen Storm und Monte sie auch nicht anzeigen.

Tabea Wulms mit Spürhund Storm.

Um den teils winzigen und scheuen Artgenossen auf die Schliche zu kommen, braucht es eine besondere Ausbildung für Hund und Halter. Anhand von Eierschalen, abgestoßener Reptilienhaut oder Kot der besonderen Echsen, Nattern oder Unken werden die Gerüche intensiv trainiert, um sie dann auf den Baustellen oder vorgegebenen Flächen wiederzuerkennen. Erfolgt ein Fund, wird dieser über ein antrainiertes festgelegtes Anzeigeverhalten mitgeteilt: Der Hund setzt sich hin und starrt zum Geruchsobjekt.

Bei einer sogenannten „Präsenz-Absenz-Suche“ haben die geprüften Artenspürhunde der DB Netz AG Monte und Storm an sechs Mai-Vormittagen die rot markierten Flächen nach dem Geruch von Zauneidechsen abgesucht. Das Untersuchungsgebiet liegt östlich des Bahnhofs Pasing im Stadtgebiet München. Überprüft wurden Baustelleneinrichtungsflächen auf stillgelegten Gleisen im Bereich des dortigen Güterbahnhofs. Auch nördlich der Gleise waren die Hunde unterwegs in den Randzonen einer Lärmschutzwand und eines Kabelkanals, die in Zusammenhang mit dem geplanten Bahnhofausbau entstehen sollen.

Der Bahnhof München-Pasing ist Drehscheibe für den Regional- und Fernverkehr sowie westlicher Startpunkt für die Stammstrecke der Münchner S-Bahn. Mit täglich rund 100.000 Fahrgästen und 1.000 Zughalten gehört er zu den größten Schienendrehkreuzen in Bayern – mit zahlreichen Umsteigemöglichkeiten auch zum Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Damit der Bahnhof für den weiteren Ausbau der Schiene – dazu zählen der Deutschlandtakt für den Fernverkehr genauso wie der Ausbau des Regional- und S-Bahn-Netzes im Großraum München – gerüstet ist, benötigt er zusätzliche Kapazitäten.

Bahnausbau Pasing im Überblick

Zentraler Bestandteil ist der Bau eines zusätzlichen Bahnsteigs im nördlichen Bahnhofsbereich. Er entsteht zwischen den vorhandenen Gleisen 12 und 14 und wird barrierefrei über Aufzüge und Rolltreppen an die bestehenden Unterführungen angeschlossen. Am neuen Bahnsteig sollen künftig vor allem die Züge in und aus Richtung Augsburg halten. Für die Anwohner:innen entsteht eine 1300 Meter lange Lärmschutzwand. Im Sommer soll das offizielle Baurechtsverfahren für den neuen Bahnsteig starten. Die Fertigstellung ist nach aktuellem Stand für 2027 geplant. Ganz im Süden des Bahnhofs Pasing plant die DB, den bestehenden Südbahnsteig zu erweitern und damit weitere Haltemöglichkeiten zu schaffen. Diese Bauarbeiten sollen parallel zu großen Gleisumbauten unmittelbar westlich des Bahnhofs stattfinden. Der Bahnsteig ist der Schlüssel für Mehrverkehre in und aus Richtung Westen und das umfangreichste Projekt. Weitere Information zu diesen Projekten finden Sie hier.

Die Spürhunde wurden nach einem abgestimmten Trainingsplan auf den Einsatz vorbereitet: wird der Zielgeruch gefunden, bekommt der Hund eine attraktive Belohnung. Um die Motivation bei einer langen Suche hoch zu halten, erhalten die Spürhunde zwischendurch eine Bestätigung für das konzentrierte Suchen. Regelmäßige Pausen im Schatten sowie ausreichende Trinkgelegenheiten standen den beiden Spaniel Storm und Monte während ihrer Suche selbstverständlich immer zur Verfügung. „Während der Hundekartierung sind zahlreiche Mauereidechsen weggehuscht. Monte und Storm haben sich jedoch nicht von ihrer Suche nach Zauneidechsen ablenken lassen, da Mauereidechsen nicht zu ihren Zielarten zählen“, so Fachreferentin Artenkartierung und Hundeführerin Alexandra Hörand.

Das Ergebnis der vierpfötigen Spezialisten? Sie zeigten bei der vollständigen Absuche der Flächen kein Anzeigeverhalten, das auf ein Vorkommen von Zauneidechsen schließen lässt.

Abgesuchte Flächen östlich des Bahnhofs Pasing (rot schraffiert).